Datenschutz und Soziale Medien beim Bewerbungsverfahren

Ein Bewerbungsverfahren nimmt beim potentiellen Arbeitgeber sowohl finanzielle, personelle als auch zeitliche Ressourcen in Anspruch. Folglich möchte ein Verantwortlicher bei der Auswahl eines neuen Beschäftigten auch sichergehen, dass die Entscheidung bei der Person, der er die Stelle anbietet, auch die richtige Wahl ist. Nun stellen sich so manche Personen, die im Personalauswahlprozess involviert sind, die Frage, warum man dafür nicht alle Recherchemöglichkeiten nutzt. Dabei liegt dann manchmal nichts näher als sich im Internet, speziell in den Sozialen Medien, über diese Person zu informieren. Aber sind die Bewerberrecherche, der Datenschutz und Soziale Medien beim Bewerbungsverfahren vereinbar? Mehr dazu erfahren Sie in diesem Beitrag.

Eingriff in die Privatsphäre und die freie Selbstentfaltung

Wenn es sich bei Profilen in Sozialen Medien nicht gerade um Unternehmensprofile handelt, ist es höchstwahrscheinlich, dass eine Person diese auf privater Basis nutzt – zumindest solche wie Instagram oder Facebook. Oftmals besteht aber zwischen einer Person im Privat- und im Berufsleben ein Unterschied. Somit ist es nicht ausgeschlossen, dass eine Person im Privatbereich Tätigkeiten nachgeht, bei denen ein Arbeitgeber sich möglicherweise bezüglich möglicher Ausfälle Sorgen machen könnte. Ein Beispiel hierfür wäre ein Motocross-Hobby oder sonstige Risikosportarten. Bemerkt dies ein Arbeitgeber bei der Recherche in Sozialen Medien, schließt er daraus eventuell auf häufige Ausfälle aufgrund von Verletzungen. Eine Folge daraus ist die Ablehnung dieser Person aufgrund dieser privaten Tätigkeit und die Wahl eines Bewerbers, der vermeintlich „sicherer lebt“. Auch kann sich ein möglicher Mitarbeiter auf Social-Media-Seiten politisch extremistisch, islamistisch, rassistisch, israel- oder judenfeindlich, staatsfeindlich oder in sonstiger Weise äußern, die mit den Werten, der Unternehmenspolitik, dem Unternehmensbild oder der Marke des Unternehmens nicht in Einklang stehen, sodass das Unternehmen negative Auswirkungen auf sich sieht, wenn es derartige Bewerber einstellt.

Verstoß gegen Grundsätze der Verarbeitung

Wenn ein Verantwortlicher so vorgeht, verstößt er gegen gewisse Grundsätze der Verarbeitung personenbezogener Daten.

Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 lit. a) DSGVO

Zum einen verstößt er gegen den Grundsatz der Rechtmäßigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben und Transparenz (Art. 5 Abs. 1 lit. a) DSGVO). Dies rührt daher, dass er in diesem Moment keine Rechtsgrundlage für die Verarbeitung der Daten aus den Sozialen Medien hat. Denn die Recherche in Sozialen Netzwerken nach bestimmten Bewerbern stellt eine Erhebung personenbezogener Daten dar. Diese wäre nur auf der Grundlage einer Einwilligung oder einer sonstigen Rechtsgrundlage zulässig. Eine Einwilligung liegt nicht vor.

Als weitere Rechtsgrundlage kommt die Verarbeitung im Rahmen des Bewerbungsverfahrens nach Art. 6 Abs. 1 lit. b) DSGVO in Betracht. Diese Rechtsgrundlage ist aber nur dann einschlägig, wenn die Datenverarbeitung zur Begründung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist. Dies wird hier aber nicht angenommen.

Des Weiteren muss der Verantwortliche  die betroffene Person darüber informieren, dass er ihre Veröffentlichungen in den Sozialen Medien ebenfalls heranzieht.

Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 lit. b) DSGVO

Zum anderen wäre ein Verstoß gegen den Grundsatz der Zweckbindung (Art. 5 Abs. 1 lit. b) DSGVO) festzustellen. Generell erfüllt das Heranziehen der Sozialen Medien womöglich nicht den Zweck zu beurteilen, ob der Bewerber für die jeweilige Stelle geeignet ist.

Bei beruflichen Webseiten wie XING oder LinkedIn sieht dies anders aus. Dort präsentieren sich die Nutzer in der Regel auch als potentielle Arbeitnehmer mit ausbildungs- und berufsbezogenen Informationen und Beiträgen, aus denen man bestimmte beruflich relevante Kenntnisse, Erfahrungen und Interessen ablesen kann.

Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 lit. c) DSGVO

Des Weiteren verstößt ein Verantwortlicher hier dann auch gegen den Grundsatz der Datenminimierung (Art. 5 Abs. 1 lit. c) DSGVO). Schließlich verarbeitet er mehr personenbezogene Daten als notwendig, um festzustellen, ob der Bewerber für die jeweilige Stelle geeignet ist.

Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 lit. d) DSGVO

Natürlich kann es u. U. auch fragwürdig sein, ob bei der Suche in den Sozialen Medien nach dem Bewerber das korrekte Profil auftaucht. Demnach kann es vorkommen, dass verschiedene Nutzer den gleichen Profilnamen verwenden. Weiterdenkend urteilt der Verantwortliche also ggf. aufgrund inkorrekter Zuordnung von Daten in den Sozialen Medien über die falsche Person.

Lösungsvorschlag

Ein Lösungsvorschlag wäre, es im Unternehmen, in der Organisation, in der Arztpraxis etc. zu untersagen, die Recherche in den primär privat genutzten Sozialen Medien zur Eignungsbeurteilung eines Bewerbers hinzuziehen. Um diese Anweisung zu dokumentieren, sollte dies auch in den Richtlinien entsprechend festgehalten werden (Nachweispflicht eines Verantwortlichen gemäß Art. 5 Abs. 2 DSGVO). Dies sollte auch im Zuge von Sensibilisierungsmaßnahmen zum Datenschutz (Schulungen) so kommuniziert werden.

Reicht einem Verantwortlichen ein Gespräch mit einem Bewerber nicht aus, gibt es andere, datenschutzkonforme Möglichkeiten, um zusätzliche Informationen zur Eignung eines Bewerbers einzuholen. So manche Unternehmen nutzen dafür Assessment-Centre-Verfahren, zusätzliche Tests, weitere Gespräche mit beispielsweise jemandem, der das für die jeweilige Aufgabe erforderliche Wissen beim Bewerber tiefgründiger prüfen kann etc.

So mancher Verantwortlicher würde sich nun eventuell die Frage stellen, ob er denn nicht eine Einwilligung des Bewerbers einholen könne. Hier gibt es zu bedenken, dass wahrscheinlich die tatsächliche Freiwilligkeit der Einwilligung angezweifelt würde (Art. 7 Abs. 4 DSGVO). Anders verhält es sich allerdings, wenn ein Bewerber explizit von sich aus und ohne Aufforderung auf ein extra für Bewerbungen erstelltes Profil verweist.

Fazit

Bei dem hier vorgestellten Thema mag es sich um einen kleinen Abschnitt innerhalb eines Bewerbungsverfahrens handeln. Dennoch kann es zu einem Datenschutzverstoß und eventuell einem Bußgeld, einem Schadenersatzanspruch oder einer Abmahnung führen, wenn der abgelehnte Bewerber z. B. im Rahmen der Vorbereitung einer AGG-Klage ein datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch geltend macht und dabei auch Kopien mit seinen Social-Media-Postings erhält.

Um möglichst zu vermeiden, dass solch ein Vorfall in Ihrem Unternehmen vorkommt, unterstützen wir Sie gern im Bereich des Datenschutzes und bei der Erstellung der relevanten Dokumente. Kontaktieren Sie uns gern noch heute.

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